„Die Lage der Kirche ist ernst – aber hoffnungsvoll“

08.02.2017

„Glut unter der Asche – Anstöße zur Ermutigung“ war Thema des Vortrages, den Abt Hermann-Josef Kugler (am 08.02.) beim Dekanatstag in Hohenthann hielt. Er zeigte auf, was unter der Asche schlummert und wie mit neuen Impulsen „das Reich Gottes in den Pfarrgemeinden aufgebaut werden kann“.

Schon als er die Überschrift seines Vortrags „die Zukunft der Kirche“ mit den Worten „Ja, bin ich Prophet?“ kommentierte, war den vielen Mitgliedern der Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen des Dekanates Rottenburg klar, dass ein interessantes, kurzweiliges und vom herrlichen schwäbischen Dialekt durchzogenes Referat mit Zukunftsperspektiven und ermutigenden Anstößen auf sie zukommen wird. Und Abt Kugler enttäuschte sie nicht. Offen und schonungslos, gewürzt mit einer Prise Humor und Selbstkritik beschrieb er drei Krisen, die der Kirche zu schaffen machen: „Die Glaubenskrise ist die Hauptherausforderung, denn bei vielen spielt Gott im alltäglichen Leben keine Rolle mehr“, bedauerte der Geistliche. Die Vertrauenskrise, hervorgerufen durch Skandale Einzelner, nage an der Glaubwürdigkeit der Kirche. Und während früher die Autorität der Kirche auf pastorale Drohungen und Angst gestützt war, müsse sie heute mit Kompetenz und einem eigenen Profil mit ethischen und moralischen Grundsätzen überzeugen.

„Wie können wir darauf reagieren? Wie kann ich die viele Asche, die in der heutigen Kirche über der Glut liegt, entfernen und wie kann ich das Feuer wieder entfachen?“, fragte Abt Kugler und ermutigte die Zuhörer, die aktuelle Situation mit österlichen Augen anzuschauen. Unter der Asche entdeckte er die Gruppe der „treuen Kirchenfernen“, die Kirchenmitglieder sind und Steuern zahlen, nur selten zum Gottesdienst kommen, aber trotzdem glauben. „Diese Menschen entscheiden frei, was und wann sie es von der Kirche wollen. Und deshalb müssen wir, auch wir Geistlichen, umdenken und für diese Menschen gute und ansprechende Dienstleistungen anbieten!“ In diesem Zusammenhang hinterfragte der Referent, ob die Pfarrgemeinden diesen treuen Kirchenfernen gegenüber überhaupt einladend, offen und vorurteilsfrei seien.

Die Pfarrgemeinde als Lernort des Glaubens und des Gebets fand Abt Kugler ebenfalls als Glut unter der Asche. Er ermunterte die Anwesenden, auch Gebetsmöglichkeiten außerhalb der Sonntagsgottesdienste zu schaffen und zu pflegen, denn „nur eine Vielfalt an Gebetsformen wird die Kirche im Ort lebendig halten.“ Das Potential vieler Ehrenamtlicher, die in der Kirche liturgische, sozial-caritative und diakonische Aufgaben wahrnehmen, die „diesen wichtigen Dienst mit viel Engagement und Kompetenz draußen vor der Kirchentür tun und so Zeugnis geben für die Gegenwärtigkeit Christi“, liege ebenfalls unter der Asche und müsse positiv genutzt werden.

„Es geht nicht darum, die Zahl der Kirchenbesucher zu steigern, sondern das Reich Gottes in den Pfarrgemeinden aufzubauen. Und dazu sind alle willkommen!“, forderte Abt Kugler die Anwesenden auf und bat sie im Alltag und der Lebenswelt Zeugnis vom Glauben abzulegen und der Kirche ein Gesicht zu geben. „Das soll nicht aufdringlich und mit frommer Soße drüber sein. Sprechen Sie über gute Erfahrungen mit dem Christsein, wenn es sich ergibt und lassen Sie die Menschen spüren, dass wir leben, was wir glauben!“

Dekan Stefan Anzinger und der Hohenthanner Pfarrer Michael Birner dankten Abt Kugler für seine andere Perspektive auf die Zukunft der Kirche und die Mut machenden Worte, wohl wissend, dass in den Pfarreien nun die Glut unter der Asche gesucht und hoffnungsvoll entfacht werden muss.

Text und Fotos: Gerlinde Gahr