Weihbischof Graf hofft auf Neuevangelisierung

07.02.2020

Zwei Schwerpunkte behandelte Weihbischof Dr. Josef Graf bei seinen „Anmerkungen zur Lage von Glaube und Kirche“, die er (am 07.02.) seinen Mitbrüdern, den Mitgliedern der Pfarrgemeinderäte und Kirchenverwaltungen des Dekanates Rottenburg im Ergoldsbacher Pfarrheim erläuterte: seine Einstellung zum kürzlich gestarteten „synodalen Weg“ und die Frage „Glauben die Menschen heute noch an Gott“?

Graf beschrieb, dass sich das vor 50 Jahren geläufige Schlagwort „Jesus ja – Kirche nein!“ gewandelt hat in ein „Religion ja – Gott nein!“. Viele Menschen sind auf der Suche nach einem teils selbstgemachten Religionsersatz und bedenken dabei nicht, dass ihre „diffuse Religiosität nicht die letzte Frage des Menschen nach dem Sinn des Lebens beantwortet; denn die kann ich nur mit Gott beantworten!“ Er forderte, den Menschen heute wieder Sinnfragen wie „gibt es Gott als Ursprung allen Seins?“ oder „wozu sind wir auf Erden?“ mit auf den Weg zu geben, und kritisierte, dass der synodale Weg diese Forderung nach einer Neuevangelisierung bewusst ausklammert und schon bei anderen Fragen, die in vier Foren behandelt werden, stehen bleibt.

Beim synodalen Weg beraten Bischöfe und Laienvertreter über die Zukunft der Kirche. Weihbischof Graf hegt hier grundsätzliche Bedenken: „Meines Erachtens bringen die Ziele keine maßvolle Weiterentwicklung, sondern lediglich eine Erschwerung.“ Er bestritt nicht, dass die Themen Sexualität, priesterliche Lebensform, kirchliche Machtstrukturen und Frauen in der Kirche sinnvoll sind, bezweifelte allerdings, ob beispielsweise die Abschaffung des Zölibats die Lage der Kirche bessern kann. Gerade mit Blick auf die Forderung, Frauen zum Priesteramt zuzulassen, wurde er deutlich: „In der evangelischen Kirche gibt es kein Weihesakrament, die Sexualmoral wird nicht so streng gesehen. Wenn es beim Glauben darum ginge, wäre die evangelische Kirche ja das blühende Leben; aber die haben mehr Austritte als die Katholiken!“

Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, die er beim vorausgehenden Gottesdienst bereits angesprochen hatte, hielt er für unumgänglich: „Da ist Schreckliches passiert! Da müssen wir gut machen, soviel man gut machen kann!“ Er sprach von „Gott, der nicht nett ist, sondern auch ein Fordernder“ und von den beiden Seiten der Kirche, der göttlichen und der menschlichen. Letzteres bedeutet, dass die Kirche aus sündigen Menschen besteht, jedoch oft mit moralischen Ansprüchen auftritt.

Auch an seinen Vorstellungen von der Kirche der Zukunft ließ er die Zuhörer teilhaben: „Schön wäre, wenn unsere Kirche eine große Zukunft als Volkskirche hat. Dazu müssen wir uns neu auf Christus besinnen und wir müssen ihn die Zukunft machen lassen!“ Nach einer regen Diskussion schloss Weihbischof Graf seine interessanten und kritischen, nicht immer einfachen, teils auch sperrigen Anmerkungen zum Glauben und zur Kirche mit dem Segen Gottes, der den Weg des Glaubens begleiten und Mut zum Glauben geben soll.

Text und Fotos: Gerlinde Gahr